Hugo Ramnek «siezen Sie sich»

siezen Sie sich

wallen Sie trauen Sie sich über den weg prasseln Sie auf sich selber herunter übergehen Sie sich unterlaufen Sie ihresgleichen beflaggen Sie ihre fersen versohlen Sie sich artig wadeln und schenkeln Sie alles

vertreten Sie sich zergehen Sie sofort und entlassen Ihre anwesenheit auf der stelle unken Sie unken Sie quietschen Sie sich ganz in sich hinein

und siezen Sie sich

blüteln Sie sich voll fliedern Sie den winter zweigen Sie ab blättern Sie sich hin stammeln Sie verlauben Sie verstauben Sie treffen Sie jetzt erst Ihre vorkehrungen fallen Sie hinter sich her und über sich hin

verbarrikadieren Sie sich im vogelbauer zwitschern Sie formeln berechnen Sie seemannslieder zählen Sie geschichten

ziehen Sie sich auseinander zweifeln Sie sich heftig aus quengeln Sie sich zueinander

und siezen Sie sich

feuern Sie sich nieder erden Sie ihr werweißen wassern Sie ihr wasweissich lüften Sie sich auf und davon

dementieren Sie die elemente vierteln und sieben Sie sich durch und durch und siezen Sie sich

kaufen Sie sich ein nichtsichtgerät zweierlei käslochbohrer einen halben aubläser (bei verwunderungen) viele lustwagen und zehbrillen für alle hühneraugen

gähnen Sie ihre gedanken verlegen Sie ihre überlegungen verstauen Sie den verstand beschlafen Sie die vernunft träumen Sie sich munter

und siezen Sie sich

wringen Sie mit sich selbst gehen Sie ein schmeißen Sie sich zusammen knittern Sie sich kreuz und quer falten Sie sich bunt scheinen Sie durch und durch fad fasern Sie sich aus sich selbst heraus legen Sie sich mit sich zusammen oder hängen Sie verkehrt herum

aber siezen Sie sich

kreiden Sie sich jetzt von unten bis oben ein verschreiben Sie sich aber subito satzen Sie sich nun gänzlich ab füllen Sie die wörter und gellen Sie die silben benoten Sie die betonungen und lachen Sie pausen los

spannen Sie sich endlich
verduzen Sie augenblicklich nichten Sie nichten Sie mit und siezen Sie sich
siezen Sie sich gefälligst
siezen Sie sich endlich

(Auszug aus «Tomatensuppenschleuder«)

Hugo Ramnek «Die Schneekugel», Wieser Verlag, 2020, 120 Seiten, CHF 30.90, ISBN 978-3-9902937-9-9

Hugo Ramnek, geboren 1960 in Klagenfurt/Celovec, aufgewachsen in Bleiburg/Pliberk, studierte Anglistik und Germanistik in Wien und Dublin und besuchte die Schauspiel-Schule Zürich. Er lebt seit 1989 als Schriftsteller, Gymnasiallehrer und Leseperformer in Zürich. Im Wieser Verlag erschienen: «Der letzte Badegast» (2010), ausgezeichnet mit der Anerkennungsgabe der Stadt Zürich, «Kettenkarussell (2012), nominiert für den Bachmannpreis, «Momentum, Texte zu Bildern von Arno Popotnig» (2013), «Meine Ge-Ge-Generation: Eine Jukebox» (2017) und «Das Letzte von Leopold» (2019), zuletzt «Die Schneekugel. Ein Roman in Erzählungen» (2020).

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